Oberasbach
Nur nicht aus der Kurve fliegen

Ehemaliges Autohaus bei Nürnberg wird zur riesigen Erlebniswelt für Freunde kleiner Rennwagen

08.04.2016 | Stand 02.12.2020, 19:59 Uhr

Er ist selbst ein Sammler der Miniflitzer: Firmenchef Andreas Stadlbauer.

Oberasbach (DK) Carrera - bei diesem Wort bekommen nicht nur viele Kinder glänzende Augen. Mit der "Carrera-World" ist am Freitagabend eine Pilgerstätte für Freunde des Kinderzimmer-Rennsports in Oberasbach bei Nürnberg eröffnet worden. Fünf Rennbahnen locken in der Erlebniswelt.

Andreas Stadlbauer, Firmenchef und Familieninhaber der legendären Spielzeugmarke Carrera, hat ein ehemaliges Autohaus in Oberasbach in eine edle Spielhölle für Freunde der schnellen Miniflitzer verwandelt. "Ich bin ein riesiger Auto- und Motorsportfan", sagt Stadlbauer. Der Weg führt die Besucher an einem echten Formel-1-Wagen vorbei. In der Halle warten gleich fünf Rennbahnen auf 2000 Quadratmetern auf die Besucher.

In der Mitte steht das Prunkstück: Ein 70 Meter langer Parcours. In einem Extraraum dürfen sich die ganz Kleinen austoben und Loopings mit weniger filigranen Autos auf robusteren Rennstrecken drehen. Ganz hinten steht eine Reihe von Setzkästen, in denen unzählige Carrera-Autos aus der wechselvollen Geschichte der Marke aufgereiht sind. In mühevoller Kleinarbeit habe er die alten Klassiker auf Flohmärkten zusammengetragen, erzählt Stadlbauer. "Mein erstes Carrera-Auto war ein orangefarbener Schnitzer-BMW mit Jägermeister-Logo", erinnert sich Stadlbauer.

Als sein Vater 1999 die Markenrechte gekauft hatte, seien die Archive am alten Stammsitz der Firma in Fürth längst verschwunden gewesen, erzählt er. Deswegen die mühsame Suche nach den Klassikern. 1963 hatte Hermann Neuhierl die erste elektrisch betriebene Carrera-Autorennbahn in Fürth gebaut. Mitte der 80er Jahre lag sein Lebenswerk in Trümmern. Die Schulden gingen in die Millionen. Im Kinderzimmer waren Autorennbahnen nicht mehr angesagt. Wenige Tage vor dem Start der Spielwarenmesse nahm sich Neuhierl das Leben. Kurt Hesse übernahm den Laden mit seinen über 100 Mitarbeitern wenige Tage danach. Später kam auch er nach einer Steueraffäre mit Carrera in Turbulenzen. Die Firma stand erneut vor dem Ruin. Dann griffen die Stadlbauers zu. 14 Jahre nach dem Selbstmord von "Mr. Carrera".

"Die Marke Carrera ist im deutschsprachigen Raum unglaublich stabil. Wir verkaufen allein in Deutschland 350 000 Grundsets pro Jahr. Das ist fast genau die Anzahl an Buben, die in Deutschland jährlich geboren werden", kann Stadlbauer heute sagen. Die Marke sei immer noch Kult. Über die Konkurrenz spricht er nicht. Obwohl es die natürlich gibt. Sogar ganz in der Nähe. Kurt Hesse, der einstige Retter in den 80er Jahren, stellt mit seiner Nürnberger Autec AG heute wieder Autorennbahnen her.

Auf der Rennbahn in Oberasbach ist Betrieb. Überall werden die Regler in den Händen gehalten. Die Besucher versuchen, den Bewegungen der kleinen Autos mit den Augen zu folgen. Würden die Autos noch einen ohrenbetäubenden Lärm machen, die Rennbahnillusion wäre perfekt. Das Grundprinzip der Spielzeug-Rennbahnen habe sich seit 50 Jahren nicht geändert, erzählt Stadlbauer. "Wir fahren noch immer mit einem Leitkiel am Fahrzeugboden über die Rennbahn." Die Digitalisierung habe freilich auch für die Welt von Carrera einen Quantensprung bedeutet. Vieles geht drahtlos und per App. Praktisch alles per Knopfdruck. Nur aus der Kurve fliegen die Flitzer immer noch. "Die physikalischen Gesetze können wir leider immer noch nicht brechen", sagt Stadlbauer.

Neben ihm greift sich Besucher Harald Gnan eine der vielen herumliegenden Greifzangen, um das Rennauto seiner neunjährigen Tochter Vanessa zurück auf die Spur zu setzen. "Das macht schon Spaß. Aber leider wohnen wir in der Nachbarschaft. Jetzt müssen wir wohl eine Carrerabahn kaufen, sonst wollen die Kinder immer her", befürchtet der Papa und ruft der Tochter im nächsten Augenblick aufgeregt zu: "Hab' dich gleich!" Aber Vanessa gibt Gas. Und schon rast sie über die Ziellinie.